Sieht man vom ersten Frust ab - das betreten der leeren Hallen, die zum Nachdenken da waren, hat sich die documenta als sehr beredt entpuppt, viele vielschichtige, ebenso politisch wie poetisch relevanten Werke sind zum eintauchen in fremde Welten ausgelegt, erfordern Aufmerksamtkeit. Es bietet sich an, nicht vorweg eine Tonne Theorie und verbale Erwägungen zu sich zu nehmen, sondern vor Ort eigene Erfahrungen zu sammeln. Viele Künstler sind im Westmarkt nicht so bekannt, dass man schon vorher alles zu wissen meint. Hier wird definitiv nicht "Westkunst" gespielt. Im Ottoneum fing es schon an, sehr interessant zu werden, die documenta Halle bietet einige Rauminstallationen in denen man gerne lang verweilt, um die Botschaftr zu erahnen.

Der Eröffnungsabend für Künstler und Presse bot vorerst vor dem Rathaus die LoopMusic, von Olaf Pyras für Plattenglocken, Trommeln, Glarophon, Bassröhre und einen Fanfarenzug. Zuerst einmal einige Töne aus einem neu geschaffenem Musikinstrument, dann zunehmend auf dem linken und rechten Balkon Trommler, und unten von der Straße her, rechts und links, klassische uniformierte Gruppen, Fanfarenzug Drum & Brass Kassel 1967......LoopMusik erfüllte den Raum.

Ein Blick in die Diskurslandschaft mit Carolyn Christov-Bakaregiev, der Kuratorin dieser documenta, konnte die Sinnfälligkeit vorausgegangener Diskurse fühlbar machen. Die Künstler sprachen der Reihe nach von ihren Erfahrungen vor Ort, heraus kam, wie viele Ansätze es allein unter Künstler gibt, wie viele Zu- und Vorgehensweisen in der Kunst einen Gedankenaustausch nötig machen. Schließlich haben die nun wirklich internationalen Künstler, die nicht alle sowieso in westlichen Kunstmetropolen leben, ganz unterschiedliche Lebenshintergründe und daher auch Kunstpraxen.

Die Anbindung an die Stadt Kassel, ein weiterer Programmpunkt der Kuratorin, gelang im astronomisch physikalischen kabinett mhk, welches Zeitmeßgeräte sammelt und in reicher Zahl ausgestellt hat. Darunter auch Geräte deren Funktion man heute nicht mehr exakt nachvollziehen kann - Entwicklungen auf dem Weg zu einer besseren Welt? Einige Künstler habe sich in diesem Ambiente installiert. So schließt sich damit der Kreis - was wird man in hunderten von Jahren von unserer Zeit wissen, wie wird man sie interpretieren? Ein filmisches Beispiel zu diesem Thema läuft auch in dem alten Nobelhotel, parallel auf mehreren Screens entwickelt sich ein Diskurs im Nobel-Hotel. Ein weiterer Anknüpfungspunkt zur lokalen Szene sind die Führungen von Personen vor Ort die nicht zwingend Kunsthistoriker, Künstler, Insider sein müssen, und damit weit eher den Status des aufmerksamen Betrachters der documenta einbringen können.