Das Architekturzentrum Wien Az W dokumentiert Symposien und Kongresse in der 4 Mal jährlich erscheinenden Reihe Hintergrund. Manchmal ist es auch ein Themenheft oder ein Rückblick auf lokale Architektur/Designgeschichte. Mit der Zeit schließen sich diese Hintergrundgeschichten zur Geschichte von Architektur, den gedanklichen Voraussetzungen und mitunter problematischen Planungsvorgängen - so geht das Leben hinter den Mauern nicht verloren.

Baustelle Schule: Wien hat was die Architekturen betrifft, eine Reihe interessanter Schulen in den letzten 20 Jahren erhalten. Worum es nun geht, ist die inhaltliche Neudefinition von Lehre, das pädagogische Konzept, welches den Schülern mehr Eigenverantwortlichkeit geben will, was sich bezüglich Design in einer Umdisponierung ausdrückt - weg vom Frontalunterricht. Garantierter Wandel scheint die einzige Konstante zu sein - daraus resultiert der Ruf nach Flexibilität. Den Studierenden erwächst daraus oft mehr Arbeit und Orientierungslosigkeit, Einsparungen, überforderte, arbeitslose, sprachunkundige Eltern und Schulklassen in denen die elementarsten sprachlichen und erzieherischen Begriffe nachgeholt werden müssen erfordern eher klare Strukturen.

Auch mit der Freizeit ist in den letzten 20 Jahren ein Wertewandel mitgeliefert worden. Die Freizeit ist so anstrengend geworden, dass man sich glatt davon in der Arbeit erholen müßte - doch das geht jetzt auch nicht mehr - die Jobs sind knapp geworden, es wird immer mehr Leistung für immer weniger Geld eingefordert.

Aus der freien Zeit wurde viel Kapital geschlagen, Eventkultur wohin man schaut. Das hat natürlich auch zu sehr spektakulären Architekturen geführt, aber auch zu immer zahlreicher werdenden temporären Eventarchitekturen und zu aufwändigen temporären Planungen für multiple Nutzungen. Viel Verkehr, viel Dreck, viel Lärm, sind die Begleiterscheinungen von genau kalkulierten Unterhaltungsexzessen. Es gibt immmer noch genug Leute die das Geld haben um sich teuer zu unterhalten und die Stadtgemeinden verpulvern auch viel Geld um aufwändige Events und Unterhaltungsstrukturen dank Steuergeldern gratis anbieten zu können - was letztlich eine üble Konkurrenz für Veranstalter darstellt, die von dem leben wollen, was sie anbieten. Alles ist inzwischen inszeniert, auch die Produktion. Der Drang Aufmerksamkeit erreichen zu wollen oder müssen ist allgegenwärtig und verhindert Erholung und Abstand vom Trott.

Das schräge Kunstobjekt Leiter-Sessel verweist auf eine Zeit des Aufbruchs im Design, die sich auch in Wien niedergeschlagen hat, dank früher Aktivitäten und dem von Katarina Noever geführten Designgeschäft Section N. Es fing gleich gut an, mit einer frühen Leistung von Hans Hollein, der das alte Lokal klug und klar umbaute. In dem ehemaligen Bäckerladen wurden in der Folge Designstrategien unterschiedlichster Art vorgestellt, die aber dank der persönlichen Noever´schen Linie letztlich alle recht strikt und einfach waren. Es war nicht das was man heute Mode oder Lifestyle nennt, der ständig wechselt und die Personen fast in Schauspieler verwandelt, es war weit eher ein erweiterter Ausdruck von Persönlichkeit. Nicht nur blieb man immer beim Original, man blieb auch sozusagen im Kunstkontext, auch wenn das damals noch kein strapaziertes Wort war. Design-Qualität kennt keinen Unterschied zwischen national und international, somit war das Wiener Lokal Section N, national/international ein Meilenstein fürs Design. (1971 - 1987 )