backlist-artikel:  PERFEKTE LOKATION – Haus der Architektur Graz........von Jana Wisniewski

Reale und virtuelle Architekturen waren das Thema im Haus der Architektur und beim Abschlussfest im Theatro in Graz. Marc Ries und Harald Saiko (verantwortlich für das Konzept) waren auf der Basis des gut eingeführten Wortes „Architektur" (es wird ja nicht nur für virtuelle Raumkonstrukte, virtuelle Architekturen eingesetzt, sondern im Bereich der neuen Medien für Entwicklung oder Konstruktion) auf der Suche nach der perfekten Lokation, auf der Suche nach einer neuen „Sinnlichkeit" von neuen Räumen.Der entscheidende Punkt bei der Entwurfsarbeit von Architekten ist längst nicht mehr, ob sie mit Computerprogrammen entwerfen und inwieweit diese auf ihre Arbeit zurückschlagen, der entscheidende Punkt ist die Frage, inwieweit unsere mediatisierte Welt für Architekten andere Anforderungen gestellt hat. Planen Architekten noch Städte, Gebäude und Lebensräume, oder sind sie nur mehr für die Kulisse zuständig? Schaffen gebaute Räume Identitäten, oder werden zunehmend in multifunktionalen Räumen Identitäten implementiert? Was ist denn Urbanität heute? Bauen Architekten vielleicht gar für die 15 Minuten im Fernsehen? Und, wie erfasst man die Bedürfnisse von Menschen mit multiplen Identitäten? Was wünschen sich die „User" und wie sehen die Traumfabriken aus? Gibt es neben dem international definierten „Lifestyle" andere Bedürfnisse.Vollkommen weg vom Fenster scheint die Architektur als Dogma zu sein. Aber auch die Postmoderne, die „Filmarchitektur", die nach der Moderne, die zunehmend als zu streng empfunden wurde, als willkommene Abwechslung gefeiert wurde, sowie der White Cube, die Glaswürfel, die Container, werden hinterfragt. Die neuen Oberflächen, oder wie Zyniker das bezeichnen „die neue Oberflächlichkeit" sind ein aktuelles Thema, daneben taucht aber gerade bei Studenten wieder der Wunsch nach gesellschaftlicher Verantwortung auf.Hilfreiche Statements im Diskurs boten „Außenseiter", so z.B. die Soziologin Martina Löw, deren These, dass sich privat/öffentlich nicht zunehmend aufhebe, sondern nur verschoben hat und der persönliche Geschmack (Lifestyle) nach wie vor durch Berufsfelder und soziale Zugehörigkeiten definiert, kann akzeptiert werden. Diese Fakten werden ja nur durch Strategien überlagert, die Bedürftigkeit und Bedürfnisse in ihrer Kaufrauschmentalität ausklammern. Auch der Schweizer Architekt und Publizist überrascht mit dem Hinweis, dass die Schweizer die Postmoderne ausgelassen haben und von der Moderne direkt in eine Diskussion der „Nachhaltigkeit" eingetreten sind. Ihre aktuelle „Oberflächendiskussion" bezieht sich auf die Frage einer Repräsentation von Ort, Stadt, also letztlich Heimat. Vom Leben „im Netz" sprach Ulli Hartmann (Kulturanthropologin) bezogen auf Jugendkulturen. Die virtuellen Paradiese erschaffen sich Jugendliche oft selbst, mit Text- oder Grafik – MUDs. Von der Welt der Netzkommunen finden sie aber mühelos in die reale Welt zurück, nicht zuletzt weil es dort auch Regeln, Hierarchien, Beweisführungen, Wettbewerb gibt. Auch wenn Fabian Birgfeld (als Architekt ausgebildet und jetzt in den USA als Designer/Fotograf tätig) noch kundtut, dass Marken „Image" kreieren, Märkte die Welt, Medien die Realität, so wird das nicht mehr von allen als „Perfekte Lokation" akzeptiert, auch die „Defizite" melden sich zu Wort.